Mein Weg zum Bürgermeister Ich werde oft gefragt, wie ich auf die Idee gekommen bin, 2015 als Oberbürgermeister für Greifswald zu kandidieren. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete ich als studierter Archäologe seit 15 Jahren als Historiker am Pommerschen Landesmuseum der Stadt. Ich komme weder aus der Verwaltung, noch habe ich Jura, Politik oder ein ähnliches Fach studiert Seit meiner Kindheit habe ich Verantwortung übernommen und will mitgestalten. Ich war Klassen- und Schülersprecher, habe eine Schülerzeitung mitgegründet und im Studium eine studentische Vertretung aufgebaut. Als junger Vater habe ich mich gegen eine Schulschließung engagiert und bin über die Gründung des Greifswalder Familienbündnisses in die Lokalpolitik gekommen. Es war mir immer wichtig, nicht nur zu kritisieren, sondern zu handeln. Ich habe früh erkannt, dass es wichtig ist, sich in politischen Prozessen zu engagieren, um direkten Einfluss auf lokale Angelegenheiten zu nehmen. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass aktive Teilnahme an der Gestaltung der Gesellschaft der Schlüssel zu einer lebenswerteren Zukunft ist. Die Entscheidung, mich nach sechs Jahren ehrenamtlicher Arbeit im Stadtrat zur Wahl zu stellen, um hauptamtlich als Oberbürgermeister Verantwortung für meine Stadt zu übernehmen, war dann eine logische Konsequenz. Den Weg des Bürgermeisters zu beschreiten ist nicht nur eine politische Entscheidung, sondern auch eine tiefgreifende Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft, die man repräsentiert. Gleichzeitig bekommt man die Chance, aktiv Veränderungen zu bewirken. Mein Leitmotiv ist, das Wachstum der Stadt Greifswald so zu gestalten, dass es nachhaltig ist für die Stadt und seine Bürger*innen, aber auch für die nachfolgenden Generationen und die Umwelt. Auf diesem Weg sind für mich Transparenz, die Beteiligung der Bürger*innen und soziale Gerechtigkeit unverzichtbare Elemente. Der besonders intensive Blick auf Kinder und Jugendliche sowie die finanziell Schwachen und körperlich eingeschränkten Menschen stärkt dabei jede Gemeinschaft. Investitionen in den sozialen Frieden verbessern die Lebensqualität für alle Bewohner*innen einer Stadt. Diese Überzeugungen leiten mein Handeln als Oberbürgermeister. Internationale Beziehungen haben Tradition Welche Rolle können nun internationale Beziehungen für die positive Entwicklung einer Stadt spielen? Was vermag eine Stadt mit 60.000 Einwohner*innen zu leisten? Ohne internationale Verbindungen würde eine fortschrittlich denkende und handelnde Stadt heutzutage wohl nicht existieren. Ein vielumspannendes Netzwerk nach außen generiert und sichert den Austausch vieler Ideen, Gedanken und Erfahrungen. Ich bin der festen Überzeugung, dass durch internationale Verbindungen eine Kommune maßgeblich zu viel Gutem und Neuem inspiriert wird. Gleichzeitig fördert und gestaltet der internationale Austausch die Überzeugung von der Bedeutung eines demokratischen und friedlichen Miteinanders. Der Ausbau und die Belebung der internationalen Beziehungen unserer Stadt waren einer der Ziele, mit denen ich 2015 als Oberbürgermeister der Universitäts- und Hansestadt Greifswald angetreten bin. Wie es der Name sagt, sind wir eine alte Hansestadt, die es gewohnt war, mit anderen Städten Handel zu betreiben. Ein gütliches und friedliches Miteinander auf Augenhöhe waren bereits zu Zeiten der Hanse vor 700 Jahren für Wohlstand und Sicherheit der Bürger*innen wichtig. Der Austausch von Handel, Investitionen und Innovationen trägt bis heute zur wirtschaftlichen Entwicklung bei und schafft Arbeitsplätze. Lehren und Forschen Seit 1456 hat Greifswald eine Universität und strahlt mit dieser in die ganze Welt aus. Durch zahlreiche Projekte und Institute an unseren fünf Fakultäten sowie den außeruniversitären nationalen Forschungseinrichtungen ist Greifswald weltweit präsent; vor allem in den Bereichen Plasmaphysik, Tier- und Menschengesundheit, Sprach- und Kulturwissenschaft, Gesundheits- und Bioökonomie. Greifswald ist das deutsche Zentrum der Ukrainistik und vergisst mit Lehrangeboten zum Beispiel zu den baltischen und finnischen Sprachen auch kleine Kulturen nicht. Greifswald ist das weltweit führende Zentrum der Moorforschung mit starker Ausstrahlung insbesondere nach Ostafrika, Zentralasien und Indonesien. Geradezu paradigmatisch zeigt das neue Helmholtz-Institut für One Health auf, dass unser Wohlergehen weltweit davon abhängt, die Verflechtungen zwischen Mensch, Tier und Umwelt intensiv zu bearbeiten. Greifswald ist auch das Zuhause für jährlich fast 10.000 Studierende aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland; hinzu kommen internationale Wissenschaftler*innen und Fellows am Krupp-Kolleg. Miteinander reden, voneinander lernen Durch Beziehungen zwischen Städten kann Frieden gefördert werden. Der kulturelle Austausch und Dialog tragen dazu bei, Missverständnisse abzubauen und das friedliche Zusammenleben zu fördern. Kommunen können in schwierigen Zeiten oft noch reden, wenn andere schon schießen. Dieser Chance, aber auch dieser Verantwortung der Städte stellt sich Greifswald. Greifswald ist in vier internationalen Organisationen und Netzwerken aktiv: seit 1993 im Hansebund der Neuzeit, seit 1999 in der Union of the Baltic Cities, seit 2016 im Netzwerk „Cities for Life Städte gegen die Todesstrafe“ und seit 2020 in der weltweiten Organisation „Mayors for Peace“ (Abschaffung von Atomwaffen). Stolz ist Greifswald auf seine 11 städtepartnerschaftlichen Beziehungen: Kotka in Finnland (1959), Osnabrück in Deutschland (1988), Lund in Schweden (1990), Hamar in Norwegen (1992), Goleniów und Stettin in Polen (1986 bzw. 2010), Pomerode in Brasilien (2001), Tartu in Estland (2006), Newport News in den USA (2007), Ost-Samos in Griechenland (2015), Drohobytsch in der Ukraine (2017). Die 2018 eingegangene Partnerschaft zu Wyborg in Russland ruht derzeit. Die drei jüngsten Partnerschaften sind auf meine Initiative hin entstanden beziehungsweise mit Leben gefüllt worden. Die städtepartnerschaftlichen Verbindungen haben eine bunte Vielschichtigkeit, die sich stark in unserer Stadtgesellschaft zeigt. Zahlreiche Schulen, Sportvereine, kulturelle Vereine, Kindergärten, städtische Einrichtungen, Partnerschaftsvereine und Nichtregierungsorganisationen zusammen circa 150 Einrichtungen - pflegen und unterhalten regelmäßig Kontakte, Projekte, Austauschprogramme und Treffen. Ob es das gemeinsame Musizieren im Rahmen des Festivals Nordischer Klang ist, die Jugendbegegnung mit der Partnerkommune Ost-Samos, Sprachprojekte von Kitas aus Greifswald und dem polnischen Goleniów, Fachaustausch der Feuerwehren, Aufbau von Netzwerken zur frühkindlichen Bildung, Klimaschutzprojekte mit dem brasilianischen Pomerode und Newport News in den USA oder gemeinsames Volleyballspielen mit den Sportler*innen aus dem schwedischen Lund sind, um nur wenige Bespiele zu nennen. Städte spielen eine entscheidende Rolle im Umwelt- und Klimaschutz. Städte sind oft die Hauptverursacher von Umweltproblemen oder CO2-Emissionen, aber auch die Orte, an denen innovative Lösungen für den Klimawandel entwickelt und umgesetzt werden können. Durch den Austausch von umweltfreundlichen Praktiken können Städte gemeinsam dazu beitragen, den Klimawandel einzudämmen, umweltfreundliche Maßnahmen zu fördern und globale Umweltprobleme anzugehen. Begegnungen werden zu Freundschaften All dies schafft Begegnungen von Menschen, Begegnungen für Menschen und lässt Vorurteile abbauen, Klischees überprüfen, neue Perspektiven aus einer Kultur für eine andere Kultur einnehmen, lässt Brücken bauen, Freundschaften entstehen und gibt die Möglichkeit, auf Augenhöhe aufeinander zuzugehen. Jeder einzelne Mensch, der diese internationalen Begegnungen erlebt, wird dadurch geprägt und trägt zu einem weltoffenen und demokratisch denkenden Greifswald bei. Dies fördert Verständnis, Toleranz und Wertschätzung für verschiedene Lebensstile und Perspektiven. Dabei liegt mein besonderes Augenmerk auf den jungen Menschen. Es kann sehr heilsam und hilfreich sein, eigenes Handeln, eigene Vorstellungen mit anderen Perspektiven zu konfrontieren. Der Blick von außen auf unsere Stadt eröffnet manchmal überraschende Erkenntnisse. Und der fachliche Gewinn ist nicht hoch genug einzuschätzen. All dies ist mir ein sehr wichtiges Anliegen. Ich danke all den Bürger*innen, die sich jedes Jahr für diese internationale Arbeit ehrenamtlich einsetzen und Greifswald bereichern. Als Bürgermeister kann ich Vieles anregen, Kontakte aufbauen und Türen öffnen, ins Gespräch gehen, animieren, finanziell unterstützen und wertschätzen. Jedoch sind es die Bürger*innen, die die internationalen Kooperationen mit Leben füllen und so zu aktiv gelebten Partnerschaften beitragen. Europa und die Welt Aus naheliegenden Gründen liegt ein besonderer Akzent auf dem Thema „Europa“. Neben der intensiven Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnerstädten im Rahmen von Förderprogrammen der EU habe ich spezielle Bildungs- und Austauschprogramme für Europa in Greifswald ins Leben gerufen. Dazu gehören beispielsweise Austauschprogramme für Auszubildende der Stadtverwaltung und das Bildungsprogramm „Europiene“ für 712-Jährige. Als ein neues Ziel habe ich mir den Aufbau einer Entwicklungspartnerschaft mit einer Stadt des Globalen Südens gesetzt. Greifswald ist bereit, noch mehr globale Verantwortung zu übernehmen. Daher bin ich mit Greifswalder Akteuren, die sich bereits in Afrika engagieren, im Gespräch, um 2024 eine Partnerschaft mit einer Kommune in Afrika auf den Weg zu bringen. Themen wie nachhaltige Entwicklung ebenso wie Gleichberechtigung, Bürgerbeteiligung, Demokratie und Umweltschutz sind mir dabei Herzensanliegen, die mich in meinem Tun leiten. Eine Stadt lebt nicht isoliert. Wir haben auch eine Verantwortung über die Stadtgrenzen hinaus. Für die Stärkung der Demokratie und des Rechtsstaates sowie die Achtung der Menschenrechte bringe ich mein Amt und meine Möglichkeiten als Bürgermeister in europäische Gremien ein. Ich bin Mitglied des Rates der Gemeinden und Regionen Europas beim Europarat und des Rates der Gemeinden und Regionen bei der Europäischen Union. Als Bürgermeister frage ich mich oft, wo und wie kann ich Weichen für eine bessere Zukunft stellen. Ich bin froh, ein Amt ausüben zu dürfen, in dem ich dies maßgeblich mitbestimmen kann. Gleichzeitig bleibe ich mit den Bürger*innen zu jedem Thema im Gespräch, um sensibel für die Bedürfnisse der Menschen zu sein und diese in die politischen, demokratischen Entscheidungsprozesse gleichberechtigt einfließen zu lassen. Ich bin über viele Kanäle, auch in den Sozialen Medien rasch und direkt zu erreichen. Ich bin jedes Jahr 3.500 km mit dem Fahrrad in Greifswald auf meinen Dienstwegen unterwegs. Dies ist nicht nur gut für die Umwelt, das Klima und mein persönliches Wohlbefinden, sondern erleichtert den unmittelbaren Kontakt auf Augenhöhe. Aufsätze von: Mayor of Dover | Mayor of Graz | Bürgermeisterin von Graz | Mayor of Greifswald |Oberbürgermeister von Greifswald | Mayor of Oliveri | Sindaco di Oliveri | Mayor of Quelimane | Mayor of Utrecht | Burgemeester van Utrecht | For your information: The World Mayor Project, organised by the philanthropic City Mayors Foundation since 2004, has no connection with any city or organisation and is run on strictly non-commercial lines. Sponsorships, advertising, subscriptions, donations or any other kind of revenue are NOT sought and will be rejected, if offered. Privacy: All personal information you provide us with will be treated in strict confidence. Your email addresses will NOT be passed on to any third parties. Also, we do NOT collect data by cookies or other hidden means. Please contact us if you have any further questions. 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